Tipp #1 — ReSi: Reiten am Sitz
Tipp #2 — Schulterherein: 3 Tipps
Tipp #3 — Reiten in Leichtigkeit!
3 Tipps von ReSi, der Reitnudel für ein gelunges Schulterherein
- Weniger Zügel ist mehr, nämlich mehr Sitz!
- Weniger aktives Abstellen ist mehr, und zwar mehr bewusstes Biegen!
- Weniger Technisieren ist mehr - mehr Gefühl!
Was passiert, wenn wir das Gegenteil tun, also mehr Zügel einsetzen, unser Pferd aktiv abstellen oder sehr technisch unterwegs sind, lässt sich mit ReSi, der Reitnudel (ReSi = Reiten am Sitz) wunderbar veranschaulichen. Dabei wird schnell deutlich, worauf es wirklich ankommt, wenn das Schulterherein spielend leicht gelingen soll:
1. Fokus auf den Sitz (statt auf den Innenzügel)!
Wird Schulterherein geübt, ist in den Reitbahnen häufig zu beobachten, wie der Reiter versucht, sein Pferd mit dem inneren Zügel in die entsprechende Position zu bringen. Im Grunde ein naheliegender Gedanke, doch wendet unser Pferd dann lediglich seinen Kopf und Hals nach innen und läuft mit dem Rest seines Körpers weiterhin geradeaus. Die Längsachse, welche ReSi, die Reitnudel plastisch veranschaulicht, macht einen „Knick“ in der Schulter des Pferdes. Seine Beine bewegen sich weiterhin auf zwei Huflinien vorwärts, wobei alle vier Hufe in eine Richtung, mehr oder weniger nach vorn bzw. zur Seite, ausgerichtet sind. Bis auf den Knick in der Schulter passiert im Rest der Wirbelsäule hinsichtlich Biegung nicht viel. Nicht selten bringt diese unnatürliche Haltung das Pferd aus der Balance, sodass es genau das Gegenteil vom angestrebten Schulterherein-Ziel tut: Es stützt sich auf dem inneren Vorderbein ab und blockiert damit in seine innere Schulter. Dabei sollte diese Lektion das Pferd tatsächlich in die Lage versetzen, die innere Schulter freier vorzuschwingen.
Fehler: Wird das Schulterherein mit dem Innenzügel eingeleitet (hier fürs Foto von Fiete und mir bewusst falsch vorgeführt), ist meistens ein Abknicken der Wirbelsäule die Folge - wie hier mit ReSi, der Reitnudel klar zu erkennen: Die Längsachse des Pferdes knickt im Bereich der Schulter deutlich ab, während der übrige Teil der Längsachse gerade bleibt. Das Pferd nimmt Kopf und Hals nach innen, stützt sich jedoch auf dem inneren Vorderbein ab, statt die innere Schulter frei anzuheben - wie hier gut durch die „Schieflage" des Pferdes zu erkennen. Das Pferd hier verwirft sich darüber hinaus, weil der zu stark einwirkende innere Zügel es aus der Balance bringt. Zur Korrektur müsste hier der innere Zügel leicht werden, frisch nach vorn rausgeritten und die Lektion neu eingeleitet werden.
Insgesamt eine Situation, die nicht allzu viel mit einem korrekt gerittenen Schulterherein zu tun hat - obgleich es von oben betrachtet für den Reiter so aussehen kann, dass sein Pferd Schulterherein geht, sieht er doch primär dessen Hals und Kopf… Doch wer sich diese Folgen bewusst macht, die ein vorherrschender Innenzügel hervorruft, kann sie leicht vermeiden: Statt auf das „Abwenden ins Schulterherein mit dem Innenzügel“ mag er sich z. B. darauf konzentrieren „sich selbst auf eine Voltenlinie zu setzen“, um sein Pferd überhaupt erst einmal zu biegen: leichte Drehung aus dem Becken heraus in Richtung Volte, innerer Schenkel biegend am Gurt, innerer Gesäßknochen vermehrt belastet, äußerer Schenkel verwahrend und aktivierend hinter dem Gurt, innerer Zügel stellt elastisch, könnte jedoch jederzeit loslassen z. B. im Überstreichen, äußerer Zügel fängt sanft schwämmchenknetend das diagonale Impulstreiben vom inneren Gesäßhöcker und inneren Schenkel auf. Indem der Reiter damit das Abwenden auf eine Volte aus seinem Sitz heraus einleitet, sorgt er dafür, dass sich die Längsachse seines Pferdes durchgängig biegt - ohne „Knick“ in der Schulter. Das Pferd wendet folgerichtig auf die Volte ab. In dem Moment, wo seine Vorhand den ursprünglichen geraden Hufschlag verlässt und den gebogenen Hufschlag der Volte betritt, ist die gleichbleibende Längsbiegung im Pferd gegeben, es stellt sich in seiner gesamten Wirbelsäule auf die gebogene Linie ein. Eben dies ist der Moment, in dem der Reiter beginnt, sein Pferd mit Sitz und Schenkeln zur Seite zu bitten: Impulsartig schiebt er sein Becken in Richtung seines äußeren Zügels und veranlasst damit das Pferd, sich nun in dieser gebogenen Haltung vorwärts-seitwärts entlang des geraden Hufschlags zu bewegen. So entsteht ein vorbildliches Schulterherein: Nun bewegen sich die Hinterbeine des Pferdes geradeaus, während die Vorderhufe Richtung Bahninneres ausgerichtet sind und die Vorderbeine kreuzen. Je nach Grad der Biegung entfernen sich die Huflinien, auf denen die Vorderbeine sich bewegen, mehr oder weniger von den ursprünglichen Huflinien im Geradeaus.
Lehrbuchgemäß: Wird das Schulterherein korrekt aus dem Biegesitz eingeleitet, bleibt die Hinterhand im Geradeaus, während das Pferd sich um den inneren Reiterschenkel herum „wickelt“ und die Vorderbeine im Fluss kreuzt. Trotzdem das Pferd gerade in einer Phase ist, in der sich das innere Vorderbein am Boden befindet, ist zu erkennen, dass dieses nicht als Stütze dienst, sondern im nächsten Augenblick wieder leicht vom Boden abfußen kann.
2. Fokus auf die Biegung (nicht auf die Abstellung)!
Eben in diesem Entfernen der Huflinien der Vorderbeine verbirgt sich ein anderer häufig zu beobachtender Fehler. Scheinbar folgerichtig versuchen wir gern, unserem Pferd die richtige Abstellung für das Schulterherein zu geben: nur leicht für ein Schultervor, mittel für ein Schulterherein auf drei Huflinien oder stark für ein Schulterherein auf vier Linien. Wer jedoch primär auf die Abstellung achtet, bemerkt vielleicht nicht, dass sein Pferd sich zwar vom Hufschlag abstellt, dabei jedoch die geforderte Biegung aufgibt. „Weniger ist mehr!“ gilt hier ganz besonders. Die Längsachse, wie ReSi, die Reitnudel hier zeigt, wird sonst gerade, das Becken des Pferdes ist nicht mehr geradeaus gerichtet, sondern dreht sich mit in Richtung Bahninneres. Nun zeigen alle vier Hufe vom Hufschlag weg, während alle vier Beine auf vier Huflinien kreuzen - fast wie im Schenkelweichen.
Fehler: Wird das Schulterherein mit zu viel Abstellung vom Hufschlag geritten (hier fürs Foto von Fiete und mir bewusst falsch vorgeführt), gibt das Pferd leicht die Biegung auf und das Schulterherein „verkommt“ zu einer wenig gymnastischen „Abwandlung“ des Schenkelweichens. Zur Korrektur müsste hier die Abstellung verringert und das Pferd vermehrt um den inneren Schenkel herum gewickelt werden. Auch das Reiten einer Volte hilft, denn daraus kann das Schulterherein neu entwickelt werden.
Damit entsteht eher eine Art Schenkelweichen, auch wieder aus Sicht des Reiters im Sattel recht schwer zu erkennen, schließlich bewegt das Pferd sich ja vorwärts-seitwärts entlang des Hufschlags in die gewünschte Richtung… Umso mehr gilt es, das eigene Augenmerk auf das zu lenken, was wirklich wichtig ist: Das Pferd um den inneren Schenkel herum biegen, dann ergibt sich die richtige Abstellung ganz von allein! Um zu entscheiden, wie groß die Abstellung sein soll, oder mit anderen Worten ob wir gleich Schultervor oder Schulterherein auf drei oder vier Huflinien reiten wollen, hilft eine logische Überlegung: Je kleiner der Reiter die gedachte Volte in der Einleitung des Schulterhereins anlegt, desto mehr biegt er sein Pferd, desto mehr muss sich die Vorhand vom Hufschlag entfernen, desto größer wird die Abstellung. Als Faustregel lässt sich gut merken:- Die Biegung einer 10-m-Volte reicht für ein Schultervor,
- eine gedachte 8-m-Volte ist eine gute Einleitung für ein Schulterherein auf drei Linien und
- für ein Schulterherein auf vier Linien bedarf es der maximalen Biegung einer 6-m-Volte.
Lehrbuchgemäß: So gelingt es spielerisch, die korrekte Abstellung im Schulterherein zu erreichen: Sie erfolgt von selbst, wenn der Fokus auf der korrekten Biegung liegt. Links: Schultervor mit der Biegung einer gedachten 10-m-Volte; Mitte: Schulterherein auf drei Linien entsprechend einer 8-m-Volte; rechts: Maximalbiegung im Schulterherein auf vier Linien wie in einer 6-m-Volte.
3. Fokus auf das Gefühl (nicht nur auf die Technik)!
Dieses „technische“ Verständnis der Hilfengebung ist grundlegend, wenn es darum geht, Abläufe zu erfassen und Ursache-Wirkungs-Prinzipien auf den Grund zu gehen. Auch sehr wertvoll ist dieses Wissen, um die Hilfengebung neu zu erlernen, zu verfeinern, mit dem Gefühl in Einklang zu bringen und dann zu verinnerlichen, sodass sie jederzeit intuitiv abrufbar ist. Irgendwann jedoch kommt ein Punkt, an dem es heißt, die Technik zu vergessen und primär dem Gefühl zu folgen. Dann kann das Schulterherein fließen, spürt der Reiter sofort, wenn das Pferd stockt oder die Biegung droht, im nächsten Moment verloren zu gehen. Er kann reagieren, bevor es so weit kommt. Nachdem die Hilfengebung also z. B. mithilfe von ReSi, der Reitnudel erfühlt und verstanden werden konnte, gilt es, das Gefühl auf dem Pferd mit diesen Erfahrungen in Einklang zu bringen, z. B. durch Feedback von außen: Wann sieht ein Beobachter von vorn oder hinten tatsächlich exakt drei oder vier Linien, wohin zeigen die Hufe und wie fühlt sich das Pferd in diesen Momenten an? All dies hilft, ein gelungenes Schulterherein dem Reiter „in Fleisch und Blut“ übergehen zu lassen - und dem Pferd. Denn je präziser und gefühlvoller der Reiter in der Vorbereitung und Einleitung einer Lektion ist, desto leichter vermag er, sein Pferd mit unsichtbaren Hilfen zur Seite zu bitten.